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Verschiedene Binomialverteilungen und ihre Bedeutung für die Inferenzstatistik

 

In dem einführenden Dokument zur Inferenzstatistik (ein „quickly prototyping“) wurde die Frage gestellt: Können wir bei  einem  Spieler, der bei beispielsweise 1000 Versuchen hintereinander einen 6er würfelt, noch länger an  einen  Zufall glauben?  Wegen der Unwahrscheinlichkeit der  Unschuldsbehauptung haben wir diese verworfen - die Wahrscheinlichkeit, 1000 mal  hintereinander  eine 6 zu würfeln, beträgt (1/6)1000 - und in dem Beispiel dem  Spieler den  weiteren  Zugang  zum Spielbetrieb  verwehrt.  Das  Beispiel verfolgte  freilich nur eine didaktische Zielsetzung:  es  sollte vorbereitend  erläutert werden, dass die Unschuldsbehauptung  (wir haben sie auch die Nullhypothese genannt) dann verworfen  wird, wenn die für sie  berechnete  Wahrscheinlichkeit sehr gering ist.

Tatsächlich würden Sie im vorliegenden Falle eines Falschspielers nach anderen Kriterien vorgehen. Stellen Sie sich vor, Sie würden dem  Spieler bei seiner Tätigkeit zuschauen. Würde er Ihnen  auch dann  verdächtig vorkommen, wenn er von 1000 Würfen 999-mal  eine sechs würfelt? Oder nur 900-mal? Oder 850-mal? Vermutlich  würden Sie  in all den vier genannten Fällen einen Verdacht haben.  Verdächtig ist der Spieler, wenn er also beispielsweise bei 1000-mal Würfeln 1000-mal, aber auch wenn er 999-mal, 900-mal und auch 850-mal eine sechs würfelt. Nicht die Einzelwahrscheinlichkeit dafür, gerade 1000-mal hintereinander eine sechs zu würfeln, ist für Sie ausschlaggebend, sondern die Wahrscheinlichkeit eines ganz Intervalls  von verschiedenen Münzwürfen. Sie  wollen  beispielsweise wissen, wie wahrscheinlich ist es, 800-mal, 801-mal usw. bis 1000-mal bei 1000 Würfen eine sechs zu bekommen. Woran Sie also interessiert sind, ist die Frage, 800-mal oder mehr eine 6 zu würfeln. Die Wahrscheinlichkeit eines derartigen Intervalls bestimmen Sie mit Hilfe der Wahrscheinlichkeitsfunktion der Binomialverteilung. Sie wird auch als Überschreitungswahrscheinlichkeit bezeichnet.

Betrachten wir hierzu zwei kleine Beispiele von Binomialverteilungen:

 

1) Die  Wahrscheinlichkeitsfunktion  der Binomialverteilung, bei 6-maligem Würfeln gerade  k  mal eine 6 zu bekommen

 

2) bei 4 Münzwürfen k mal Wappen zu bekommen


ad 1) n = 6; p =1/6; q =5/6

 

 

 

k

P (k|6) =

 

0

= 0.334897977

 

1

= 0.401877572

 

2

= 0.200938786

 

3

= 0.053583676

 

4

= 0.008037551

 

5

= 0.000643004

 

6

= 0.000021433

 

 

Die Summe dieser Einzelwahrscheinlichkeiten ist, wie man leicht berechnen kann, 1!

 

 

 

 
 

 

 



ad 2) bei 4 Münzwürfen k mal Wappen zu bekommen

 

n = 4; p=1/2; q=1/2

 

 

k

P (k|4) =

 

0

= 0.0625

 

1

= 0.25

 

2

= 0.375

 

3

= 0.25

 

4

= 0.0625

 

 

 

Summe der P = 1!

 


Die letzten beiden Beispiele waren Beispiele für  Bimonialverteilungen  mit verschiedenem n und verschiedenem p.  Die  allgemeine Formel

 

 

 

beschreibt  also  eine  ganze Familie  von Binomialverteilungen, abhängig von den Parametern  n und p.

 

Wie berechnet man nun die Überschreitungswahrscheinlichkeit?

 

Wollen wir z.B. wissen, wie wahrscheinlich es ist, bei insgesamt 6-maligem Würfeln 5-mal oder mehr eine 6 zu bekommen, so lässt sich dies mit Hilfe der oben angegebenen Binomialverteilung (1. Beispiel) so berechnen: Wie zählen die Einzelwahrscheinlichkeiten für 5mal und 6mal eine 6 zu bekommen zusammen, also: 0.000643004 + 0.000021433 = 0,000664437

Das gleiche Ergebnis (bis auf Rundungsfehler) bekommen wir, indem wir die Einzelwahrscheinlichkeiten für 1mal, 2mal, 3mal und 4mal eine 6 zu würfeln aufaddieren (das ergibt in der Summe 0,999335562) und die erhaltene Summe dann von 1 (man beachte: die Summe aller Einzelwahrscheinlichkeiten beträgt 1) abziehen, nämlich: 1 – 0,999335562 = 0,000664438

Diese zwei verschiedenen Berechnungsarten der Überschreitungswahrscheinlichkeit werden wir bei Binomialverteilungen mit einem hohen n benötigen.

 

Wollen wir die Wahrscheinlichkeit dafür berechnen, bei 1000-maligem Würfeln 800 mal mehr eine 6 zu bekommen, so wird diese Berechnung mit Hilfe der Wahrscheinlichkeitsfunktion der Binomialverteilung ziemlich aufwändig:

 

 

 

Was in einem solchen Falle zu tun ist, wird verständlicher, wenn wir uns zunächst bestimmte Eigenschaften der Binomialverteilung bei großem n näher ansehen.